poetry slam. Mein erster. Verdammt. Lauter große augen gucken mich erwartungsvoll an. Was mach ich hier? Ich leide doch unter sozialen ängsten und jetzt stehe ich hier freiwillig vor lauter fremden menschen auf einer bühne und lasse mich begutachten und am ende gar bewerten. Schrecklich. Ich leide ja auch unter stressbedingtem schwitzen und, müßte ich jetzt die arme heben, würde manch einer denken, ich hätte den bus verpasst und wäre zum auftritt gejoggt.
In der schule habe ich vorlesen auch schon immer gehasst. Damals wurde ich erst rot, fing dann an zu schwitzen, las leicht stockend bis stotternd vor, bis der lehrer ein einsehen hatte und mich erlöste. Der gedanke, ich müsse ja mal langsam lernen, anderen vorzulesen, falls ich mal wieder die schulbank drücken muss, halte ich für eher abwegig und daher nicht tröstend.
Was denken die wohl von mir? Wie kann man in so jungen jahren schon so versoffen aussehen? Wollte der zum speeddating und zieht es jetzt trotz verwechslung des datums knallhart durch? Der hat ja eier, dass er sich in seinem alter noch zum poetry slam anmeldet?
Apropos eier: Trage ich eigentlich eine ausreichend weit geschnittene hose? Einer meiner freunde fragte mich mal, ob ich links oder rechtsträger sei? Weder noch, antwortete ich. Ich bin froh, wenn mein zipfel die hosennaht erreicht, da muss er sich nicht noch entscheiden, ob er nach links oder rechts fallen soll. Das würde ich eh als luxusproblem ansehen.
Jetzt haben mir bestimmt alle auf die hose geguckt, die männer grinsen zufrieden – ein konkurrent weniger – und die meisten frauen denken hoffentlich: er hat doch zwei gesunde hände und eine zunge. es sei noch schnell erwähnt, dass meine zunge relativ lang ist. Nur für die, die es interessiert. An dieser stelle werde ich es von der reaktion des publikums abhängig machen, ob ich meine zungenspitze mal herausstrecke. Ach, das war eine regieanweisung, die ich eigentlich nicht vorlesen wollte. Naja.
Ob man als poetry slammer wohl groupies abkriegt? Und ist das der eigentliche grund, warum ich hier vor den menschen stehe?
Was bedeutet eigentlich poetry slam?
Wikipedia belehrt mich: Ein Poetry Slam (sinngemäß: Dichterwettstreit oder Dichterschlacht) ist ein literarischer Vortragswettbewerb, bei dem selbstgeschriebene Texte innerhalb einer bestimmten Zeit einem Publikum vorgetragen werden
aha. und muss das selbstgeschriebene besonders witzig sein?
Was ist, wenn es den leuten nicht gefällt?
Oder schlimmer, der applaus nur leise, mitleidig und dünn ausfällt?
Ich werde wohl mehrere geschichten mitnehmen und dann spontan entscheiden, was zu diesem anspruchsvollen, wenig rücksichtsvollen, die schwächen des im rampenlicht stehenden sofort aufdeckenden publikums passt.
Ich habe mal eine geschichte über gott und jesus geschrieben, in der gott kondome benutzt und jesus ein selbstgefälliger langeweiler ist. Dass hat meine mutter derart verärgert, dass sie zwei tage nicht mit mir gesprochen hat. Wenn gar nichts geht, nehme ich diese geschichte. Von den anwesenden fundamentalen christen werde ich dann ausgebuht und vor die tür gejagt, was mir aber immer noch lieber ist als mitleid.
So, jetzt müsste ich wohl mal langsam anfangen.
Ich hätte mehrere themen zur auswahl: …
wie lang darf ich eigentlich reden?
Wie nur 3 minuten?
Die sind ja gleich voll. Verdammt. Auch egal.
Jetzt werde ich wohl doch noch die chance nutzen:
hallo! Ich bin der schorsch82, männlich,180cm groß, wär gern sportlich und romantisch, und suche attraktive, sportliche sie zwischen 18 und 68 für alles, was spass macht. Also jetzt nicht nur sexuelles, auch gemeinsam kochen, obwohl - eigentlich esse ich nur gern, kochen dauert mir meistens zu lange, gemeinsame ausflüge - was denn eigentlich für ausflüge? Ich mach doch nur welche zur nächsten kneipe? Und dort soll sie eigentlich gar nicht mit hin; ich brauch ja schließlich auch mal zeit für mich. Wenn sie dann sogar noch mit in die kneipen will, dann hab ich ja gar keinen rückzugsraum mehr. Hmm. Wisst ihr was? Vergessen wir das ganze. Beim nächsten mal geh ich einfach zum speeddating und sage ihr gleich, dass ich gern allein in meine kneipen gehe. Darüber hinaus bin ich beim nächsten poetry slam dann besser vorbereitet und fange gleich mit einem thema an. Danke. (verbeuge mich leicht und wische mir über die stirn)
bratapfel-süß-sauer - 8. Jan, 14:39
mir brennen einige themen auf den nägeln, über die ich gerne schreiben würde, die aber ein gewisses maß an vorbereitung und recherche erforderten. Daher habe ich über diese sachen noch nicht geschrieben. Ich bin ganz schön faul. Ich schiesse immer nur aus der hüfte, bloß nicht recherchieren müssen.
Mir kommt reich-ranicki in den sinn, der über wolfgang koeppen sinngemäß gesagt hat, dass dieser der wahrscheinlich faulste mensch sei, den er je getroffen habe. Dieser wollte nie arbeiten, sondern nur lesen oder in cafes sitzen. Trotzdem hält reich-ranicki koeppens roman „tauben im gras“ für den vielleicht besten roman nach 1945.
außerdem denke ich beim thema faulheit auch an den von mir innig geliebten horst evers, der mit dieser „boah, bin ich kaputt“, „heut ist nich mein tach“ oder „morgen ist auch noch ein tach, lass mal ein bier trinken gehen“-lebenshaltung auch schon eine ganze menge geschafft hat. Also zumindest schöne geschichten.
Wenn faulheit große romane und tolle geschichten zur folge haben, nehme ich diese bürde gern auf mich. Bin vielleicht gar ein naturtalent. Faul sein, konnte ich schon immer gut. Hat mir selten mühe bereitet. Seit kindheitstagen hat mir mein vater vorgehalten, dass ich unheimlich faul sei.
Ist man schon faul, nur weil man hausarbeit hast? Außerdem ist doch nach kurzer zeit eh alles wieder dreckig. Warum sollte ich dann überhaupt erst sauber machen?
Ich wasche bspw. auch nur ab, wenn nichts mehr an sauberem geschirr vorhanden ist. Vorher wird noch aus der müsli-schale kaffee getrunken oder aus der kaffeetasse müsli gelöffelt.
Es soll ja gar leute geben, die zu faul sind beim fernsehen aufzustehen und daher in ein großes glas pissen (stammt aus dem film „alles koscher“). Das ist wirklich schon sehr faul. Nicht dass ich das schon ein mal getan hätte. Meine freundin kann bezeugen, dass ich bisher nur, also ausschließlich in meinen ton-bierkrug uriniert habe und dazu noch nie ein glas oder anderes genommen habe.
Ansonsten rührt meine liebe zu hörbüchern vielleicht auch daher, dass ich oft sogar zu faul zum lesen bin.
Zum schreiben kann ich mich eigentlich auch erst nach ein oder zwei starken tassen kaffee aufraffen und wenn`s dann immer noch nicht geht, wird mit ein bis zwei zigarillos nachgezündet.
Vielleicht habe ich vor ein paar monaten auch nur deshalb angefangen zu fotografieren – ein bild sagt ja bekanntlich mehr als tausend worte – um nicht mehr alles so umständlich beschreiben zu müssen. Einmal den auslöser drücken und die geschichte ist eingefangen, so dachte ich mir das. Mit den ergebnissen war ich dann aber unzufrieden. Die fotos gaben fast nie wieder, was ich ausdrücken wollte. Ich war aber auch zu faul, mich mal professionell mit dem thema fotografieren zu beschäftigen.
Daher bin ich beim schreiben geblieben. Das kann ich schon halbwegs und es strengt mich oft weniger an als bspw. Hausputz. So, jetzt bin ich aber auch schon wieder zu faul noch weiter zu schreiben ...
bratapfel-süß-sauer - 3. Jan, 21:12
gott saß am küchentisch, trank kaffee und langweilte sich. Seit er sich auf erden kaum noch einmischte und die menschen mal machen ließ, fühlte er sich sich alt und nicht mehr gebraucht. Petrus ließ fast nur noch langeweiler durch die himmelspforten eintreten und sein sohn ging ihm auch häufig auf den sack. In der hölle war bestimmt mehr los. Dort konnte er sich aber nicht blicken lassen. Viele nahmen ihm übel, dass sie dort schmoren mussten. Er hätte ihnen gerne gesagt, dass es im himmel zwar anders, aber auch nicht gerade toll war und dass petrus die entscheidung darüber traf, wer wohin kam.
Jesus schlurfte in die küche und machte sich einen tee. Dieser selbstgerechte scheißer, dachte gott. Seit er am kreuz für die menschen gestorben war, hielt er sich für den größten. Seine make-love-not-war-attitüde, sein wie zugekifft wirkendes herumgeschlurfe und die zur schau getragene selbstzufriedenheit machten gott ganz rasend. Gern hätte er dem eitlen sohnemann eins in die fresse gehauen, aber gott fürchtete um seinen ruf. Hätte ich den nur mal ruhen lassen, dachte gott. Oder gar nicht erst in die welt setzen lassen. Diese menschwerdung gottes und vater-sohn-geschichte beruhte auf einem gewaltigen irrtum, den gott aber nie aufgeklärt hatte.
Das gott gegen seinen willen vater geworden war, kam so: Auch ein gott hat mal menschliche bedürfnisse und so hatte er sich vor über 2000 Jahren auf der erde nach einer scharfen jungen frau umgesehen. Blonde mit großen brüsten und dicken hintern waren ihm am liebsten. Diese halb verhungerten vogelscheuchen, an denen man sich nur die knochen wund stieß, waren nicht so sein fall. Maria war eine solche vollbusige blondine und er schlüpfte in das gewand eines schönen jungen mannes, der recht üppig bestückt und kräftig behaart war und ging zu marias ärmlicher behausung. Josef war, wie von gott vorhergesehen, bei der arbeit und als zimmermann ein echter stümper. Er wollte einen tisch zimmern und gott wußte, dass dies dauern würde. Nach kurzem hin und her wurden sich gott und maria einig – wer hätte schon gotts göttlichem scham wiederstehen können – und landeten in den kissen. Gott ließ sein geschlecht kurz vorher noch auf das übliche maß zusammenschrumpfen, da ihm die vorherige größe doch etwas übertrieben vorkam. Anschließend gab er sich einige mühe und beide kamen auf ihre kosten. Das der erste schuss gleich ein volltreffer war, hatte gott nicht vorhergesehen. Ebenso wenig josefs verfrühtes nachhausekommen, da er einen teil seinen werkzeugs vergessen hatte, u.a. (man beachte die symbolik) seinen hammer. Josef kam zur tür rein, brüllte: „maria, wo ist mein werkzeug?“ und sah zum glück nicht in die schlafkammer. Maria sprang auf, rannte zu josef und gott löste sich in luft auf, also im wahrsten worte des sinnes, nee umgekehrt, und materialisierte sich wieder in seiner himmelsküche. Das war ja gerade noch mal gut gegangen, dachte er damals. Bis er neun monate später bemerkte, dass sein fehltritt früchte getragen hatte (also eher eine hohlfrucht). Auch hatte er diese maria unterschätzt: diese schwafelte, in erklärungsnot geraten, von engelserscheinungen und unbefleckter empfängnis und solchen scherzen und josef, dieser leichtgläubige, an errektionsstörungen leidende depp, nahm ihr diesen mist auch noch ab.
Nicht ganz uninteressiert verfolgte gott in den nächsten jahrzehnten die entwicklung seines sohnes, wobei er sich wunderte, mit was für taschenspielertricks die leute zu begeistern waren. Naja, wie dem auch sei: sein wichtigtuerischer sohn wollte schließlich als märtyrer am kreuz sterben, für die sünden aller menschen, darunter machte er es natürlich nicht und so unsterblich werden. und gott hatte es zugelassen, da eltern ihre kinder nicht vor allen negativen erfahrungen bewahren sollten. Außerdem hätte sich dann diese gottes-sohn-geschichte endlich erledigt, hoffte er. Allerdings war er nach jesu Tod von petrus und einigen engeln, die sich als eine art betriebsrat des himmels gerierten, mehr oder weniger gezwungen worden, jesus wieder auferstehen zu lassen. Er hatte sich mit händen und füßen gewehrt, hatte dann aber nachgegeben als maria anderenfalls drohte, alles auffliegen zu lassen. Und so hatte gott dem sohn gerade noch rechtzeitig wieder leben eingehaucht, bevor der bereits eingetretene verwesungsprozess allzu großen schaden angerichtet hatte. Nach gotts ansicht hatte aber das hirn durch die sauerstoffunterversorgung etwas gelitten, er behielt das aber für sich, da jesus im himmel wie ein popstar gefeiert wurde und bei popstars hirnschäden selten auffallen. Vielleicht war gott auch einfach nur ein bißchen eifersüchtig auf seinen sohn, da sich dieser nun in den vordergrund gedrängelt hatte. Belustigt hatte gott die weitere geschichte verfolgt, was intelligente menschen in den nächsten jahrhunderten dann aus dieser geschichte gemacht hatten. Heilige dreifaltigkeit, heiliger geist, jungfrau maria usw.
gott hatte aus dieser geschichte nur eines gelernt: wenn ihn alle paar hundert jahre das fleischliche verlangen mal wieder auf die erde trieb, hatte er stets kondome dabei. Die Kondomproduktion hatte in den letzten hundert jahren riesige fortschritte gemacht. Diese ultra dünnen, hautfarbenen und 100 % gefühlsechten mochte er am liebsten. Auf einen weiteren sohn dieser art konnte er getrost verzichten. Nach all diesem nachsinnen über seine sexuellen erlebnisse, regte sich bei gott etwas unter dem küchentisch. Und so klappte er erwartungsfroh seinen laptop auf, loggte sich bei facebook ein und suchte nach einer passenden sich auf dem profilbild schon halb nackt präsentierenden gespielin. Seine langeweile war urplötzlich verflogen.
bratapfel-süß-sauer - 30. Dez, 14:29
der erste satz. Ich würde ja gern mit dem zweiten beginnen, weiß aber nicht, wie das gehen soll. Egal. Ich sitze schick angezogen im RE nach münster und komme mir wichtig vor. Ich bin gekleidet, wie jemand, der es in jungen jahren beruflich bereits zu etwas gebracht hat; wenigstens denke ich, dass ich so gekleidet bin. Schwarzer wollmantel, figurbetont geschnitten, bügelfreies hemd mit manschettenknöpfen, braune breitcordhose, heller ledergürtel einer angebermarke, cognacfarbene herrenstiefel mit reißverschluss, designerbrille. Teilweise ist es fassade, teilweise nicht. Beruflich habe ich noch nichts erreicht, nur habe ich manchmal das bedürfnis, mich eben wie wichtig-tuende jura- oder bwl-studenten zu kleiden. Oft nach phasen, in welchen ich als mittelloser student getarnt, irgendwo zwischen germanistik und geologie, durch die gegend geschlurft bin. Ich kann mich nicht entscheiden. Das gilt für fast alle lebensbereiche. Mal kapuzenpullover und sneaker, dann wieder wie aus dem herrengeschäft für fünfzigjährige aufwärts. Naja. Klamotten lassen sich schnell wechseln. In anderen bereichen ist es schwieriger. Ich schweife schon wieder ab.
Also, ich sitze in der bahn, meine, schick angezogen zu sein und komme mir dabei wichtig vor. Ich bin aber; wie meistens; unrasiert (oben- und unterrum) und am kinn zeigen sich drei graue barthaare. Unverschämtheit. Ich bin doch noch keine fünfzig. Als die ersten grauen barthaare sprossen, habe ich diese noch ausgezupft. Mittlerweile ist es mir entweder egal oder es hat mal wieder die faulheit gesiegt. Vom gefühl her tippe ich auf letzteres. Kleiner trost: männer werden im alter attraktiver. Da glauben wir fest dran, also wir männer, und verweisen auf sean connery oder sky dumont. Hugh Heffner heranzuziehen, erscheint selbst uns zu plump.
Ich schreibe gerade mit einem hilton-kugelschreiber, den mir meine mutter vorhin geschenkt hat. Sie hat ihn im hotelzimmer mitgehen lassen, als sie und mein vater dort übernachtet haben. „im hilton?“ habe ich erstaunt gefragt. Und war nach nennung der übernachtungskosten noch erstaunter. Meine eltern hatten für zwei nächte im hilton in bonn weniger bezahlt als meine freundin und ich vor ca. 2 jahren in einem mittelmäßigen hotel in hamburg. So kann`s gehen. Also ich schreibe mit diesem kugelschreiber und halte den „hilton“-aufdruckt gut sichtbar in den gang des bahnwaggons. Vielleicht wird ja jemand neidisch oder nimmt mir die gespielte wichtigkeit ab. Ich denke dann manchmal, dass manche leute bestimmt denken, ich wäre ein junger theaterregisseur oder beim film. Also jung und erfolgreich. Natürlich alles totaler quatsch. Die leute denken wahrscheinlich eher: der kommt sich aber wichtig vor; tut so als wäre er beim theater oder fernsehen; ist halbwegs schick, aber nachlässig angezogen und hat nicht mal das geld für ein IC-ticket. Peinlich, peinlich. Naja, das sind so gedankenspiele, die manchmal noch viel weiter gehen. Manchmal spiele ich einen rüpelhaften handwerker oder depressiven intellektuellen oder einen betrunkenen übergewichtigen, aber davon erzähle ich ein andermal.
Draußen nieselt es. Alles grau in grau. Eine einzige waschküche. Ich bin müde und hoffe auf einen kaffee vom zugbegleitenden cathering-mitarbeiter. Von diesem ist aber nichts zu sehen. Gern bestelle ich bei diesen leuten keinen kaffee. Ich stelle mir immer vor, dass diese, oft etwas ungepflegten, sprachlich und optisch den wohl bildungsfernen milieus zuzuordnende (manche haben richtig schöne selbstgestochene knast-tatoos oder an stelle von fingernägeln maulwurfsschaufeln) in den kaffee spucken oder schlimmeres (wann endet dieser satz eigentlich mal? Auch ich habe schon die übersicht verloren; schiebe aber alles auf den lateinunterricht), um ihren arroganten, schnöseligen oder yuppiehaften kunden eins auszuwischen. Vielleicht hätte ich es ja sogar verdient. Dieses blöde status- oder milieu-denken: oberschicht, unterschicht, mittelschicht, seitenschicht, schicht in der schicht usw. hmm. Mir fällt nichts mehr ein. Naja, eigentlich fällt mir immer irgendein unsinn ein, aber ich bin müde und habe keine lust mehr, zu schreiben. Ach, übrigens: es ist weihnachten; aber aufgrund des milden, fast frühlingshaften wetters will sich keine weihnachtliche stimmung einstellen. Weihnachtsgeschichten mag ich eh nur in der vorweihnachtszeit und heute haben wir den ersten weihnachtsfeiertag. So ich höre jetzt auf zu schreiben. Morgen ist auch noch ein tag. Gleich erreichen wir wuppertal.
bratapfel-süß-sauer - 27. Dez, 19:03
wie zuvor beschrieben (siehe blogbeitrag „neue küche“) liege ich im wohnzimmer auf dem sofa eines freundes und lausche den arbeitsgeräuschen der handwerker, die mit dem einbau der neuen küche beschäftigt sind. Es ist ja allgemein bekannt, dass unter handwerkern, insbesondere auf dem bau, der ton und die umgangsformen eher rau sind. Aber die beiden handwerker in der küche scheinen sich wirklich nicht sonderlich zu mögen. Der jüngere der beiden, den ich für den intelligenteren und fähigeren halte, scheint dem älteren soeben erklärt zu haben, dass der vom älteren eingebaute kühlschrank schief stünde. Daraufhin setzt sich dieser wutschnaubend zur wehr: der kühlschrank sei gerade; schließlich habe er tischler gelernt, er solle ihm nichts erzählen; man habe doch auch eine gewisse toleranz; er solle sich mal ne ordentliche wasserwaage kaufen; was da schief sei, entspreche einem „fotzenhaar“. Ich bin ein wenig schockiert. Leider erinnert mich die stimme und diese kraftmeierische art an einen meiner onkel, der zeitweise auch auf dem bau gearbeitet hat. Aus dem flur zieht ein unangenehmer geruch ins wohnzimmer. Entweder hat einer der beiden gefurzt oder das küchenablussrohr wurde geöffnet und riecht nach kloake. Ich könnte so nicht arbeiten. Oder müsste mich erst an diese raue art gewöhnen. Wenn ich es denn überhaupt könnte. Ich bin zu empfindlich. Ein rohes ei. Harmoniebedürftig und halte zwischenmenschliche spannungen nicht aus. Die handwerker haben sich schon wieder beruhigt und reden wieder ganz normal miteinander. Machtkämpfe, reibereien, bosheiten, intrigen – ich bezweifle, dass ich in dieser arbeitswelt bestehen könnte.
bratapfel-süß-sauer - 17. Dez, 09:37
ich bin in der wohnung eines freundes und schwanke zwischen behaglich- und unbehaglichkeit. Ich liege auf einem braunen ledersofa, lese und trinke kaffee, während zwei handwerker ungefähr in meinem alter die neue küche einbauen. Es ist nicht meine küche, die eingebaut wird und ich liege hier nur auf wunsch meines freundes herum, um die handwerker zu kontrollieren. Damit diese in seiner abwesenheit nicht nur pause machen und das dann später als arbeitszeit abrechnen. Ich habe die wohnzimmertür anglehnt und höre nur das klopfen, sägen und hämmern. Es riecht nach frisch zersägten spahnplatten. Ich mag den geruch von holz, auch wenn es nur zusammengepresstes ist. Die sonne scheint durch die großen wohnzimmerfenster, ich habe die heizung aufgedreht, trinke eine tasse kaffee nach der anderen und fühle mich auf dem sofa recht behaglich. Nur wenn einer der handwerker hereinkommt, um werkzeug zu holen, fühle ich mich ein wenig unbehaglich. Die müssen arbeiten, ich hänge rum und schaue ihnen noch beim arbeiten zu. Ich bin ja nur unbezahlter aufpasser, rechtfertige ich mich. Ich könnte mir ja gar keine maßangefertigte küche leisten. Ich bohre heimlich in der nase, will das gefundene gerade unters sofa schnippen als vor meinem inneren auge der mahnende gesichtsausdruck meiner freundin auftaucht. Ich gucke kurz schuldbewusst und ziehe ein taschentuch aus der hose, in welches ich den popel hineinknete. Jetzt muss ich ihn mit mir herumtragen. In beziehungen verlieren männer ihre freiheit und unabhängigkeit, denke ich. Andererseits fällt mir jetzt die geschichte eines bekannten ein, der sich – aus welchen gründen auch immer – in einem erotikfachgeschäft aufhielt und folgendes erlebte: das besagte fachgeschäft hatte auch videokabinen mit erotischer unterhaltung zu bieten und gerade als mein bekannter den fachmarkt wieder verlassen wollte, sah er, wie sich ein nachlässig gekleideter mittfünfziger, dem nicht nur das deckhaar sondern auch der anstand zu fehlen schien, sich seine hände mit abgespreizten fingern an der jeanshose sauber oder trocken wischte. So etwas geht selbst mir zu weit. Seitdem drücke ich die türklinken von entsprechenden fachmärkten, in welchem ich mich ab und zu zum geschenkerwerb oder zu recherchezwecken aufhalte, nur noch mit dem ellbogen herunter.
bratapfel-süß-sauer - 17. Dez, 09:19
im radio und fernsehen amüsiert man sich in den letzten wochen über den im maya-kalender angekündigten weltuntergang am 21.12.2012 bzw. 23.12.2012. auch ich glaube nicht daran, genauso wenig wie mich der milleniumswechsel und die damals geschürten ängste beunruhigt haben.
Ein kleiner wikipedia-einschub an dieser stelle, da der leser ja auch etwas lernen soll:
„Besondere Aufmerksamkeit wird heutzutage in esoterischen Kreisen dem 21. bzw. 23. Dezember 2012 gewidmet. Man will hier einen angeblichen „Weltuntergangstag“ der Maya-Schöpfung erkennen. Nach Ansicht von Mayaforschern ist dies inhaltlich völlig unzutreffend“ (wikipedia, maya-kalender).
Wie auch immer: was wäre eigentlich, wenn ein absehbarer weltuntergang tatsächlich bevorstünde. Bspw. Der einsatz von atombomben eines außer kontrolle geratenen staates oder der zusammenstoß der erde mit einem ähnlich großen meteoriten oder himmelskörper.
Angenommen, wir wüßten, dass in zwei oder drei wochen die welt unterginge (oder dies sehr wahrscheinlich ist), was würden wir tun?
Ich würde noch mehr rauchen, da es ja nun egal ist; weiter würde ich den teuren whisky trinken, den ich mir für besondere momente aufgehoben habe und, falls man dazu überhaupt noch in der lage ist und die angst einen nicht überwältigt, einige mir noch wichtige bücher lesen.
Ich würde mich freuen, dass ich mich nie um meine altersvorsorge gekümmert habe und dass ich den nächsten zahnarzttermin nicht werde wahrnehmen können. Ich würde meine freundin küssen und ihr sagen, dass sie ihren studienkredit nicht wird zurückzahlen müssen.
Vielleicht würde ich auch zum ersten mal im leben harte drogen probieren, wenn man die dann noch bezahlen kann.
Ich würde versuchen, mir die kaution für meine wohnung auszahlen zu lassen, um diese noch vorher verleben zu können.
Ich würde zum ersten mal im leben in einen swingerclub gehen. Freie, ungeschützte liebe. Ich würde bei rot über die ampel gehen und versuchen, einen schicken sportwagen zu knacken.
Nur zur sicherheit ginge ich nach jahren mal wieder in eine kirche und falls der pastor zeit hat, noch in den beichtstuhl.
Wenn ich mir die obere liste so angucke, wäre wohl das schlimmste, was dann noch passieren könnte, dass der weltuntergang ausbleibt.
Ich würde rauchen wie ein schlot, wäre heroinabhängig, hätte meine wohnung gekündigt, einen tripper oder andere geschlechtskrankheiten und müsste vor gericht wegen autodiebstahls erscheinen. Meine freundin würde sich wohl von mir trennen, ich wäre aufgrund des kirchenbesuchs ein heuchler und müsste sogar noch zum zahnarzt. Bei so düsteren aussichten wäre mir dann schon wichtig, dass die welt dann wie angekündigt auch untergeht.
Ich kann nur hoffen, dass keiner der weltuntergangsgläubigen maya-kalender-esoteriker eine ähnliche liste abzuarbeiten wünscht. Am ende führt dieser dann den weltuntergang noch selbst herbei.
bratapfel-süß-sauer - 12. Dez, 10:26
Ich habe die wohnungsmöbel teilweise verrückt und sitze jetzt rauchend in der umdekorierten küche. Denke über alles mögliche nach. Ich könnte ja alle noch lebenden schriftsteller, die ich mag, anschreiben und um rat für ein eine schriftstellerkarriere bitten. So wie in rilkes „briefe an einen jungen dichter“. Aber schon während ich dies hier schreibe, kommt mir das völlig bescheuert vor. Was sollen die mir antworten? Was soll das denn bringen? Außer vielleicht den spass, zu erfahren, wer tatsächlich auf solch schwachsinnige leserbriefe antwortet? Ob man ein bestimmtes talent zum schreiben hat, weiß der schreibende doch selbst am besten. Ob daraus auch mal beruflich etwas wird, ist ja eine ganz andere frage. Hängt ja auch vom glück ab.
Wenn ich texte schreibe, höre ich in letzter zeit als meine eigene innere lesestimme, die von horst evers. Es ist so, als würde er mir die gerade entstehen texte vorlesen. Verdammt. Das ist nicht sehr angenehm, die eigene lesestimme gegen die von horst evers getauscht zu haben. Geht bestimmt aber auch wieder weg. Habe wahrscheinlich einfach zu viele horst evers-geschichten gehört. Ist mir mit wiglaf droste auch schon mal passiert. Dessen stimme ist aber wieder meiner eigenen gewichen.
Jetzt denke ich schon wieder an etwas ganz anderes. Hab meine gedanken nicht so richtig im griff. Denken, woran sie wollen. Die gedanken, meine ich. Ist gar nicht so leicht, bei so vielen gedanken mitzuschreiben. Außerdem gilt es auch noch so contraproduktive gedanken wie: hat doch alles keinen sinn, geh wieder ins bett! Oder: ab zum bäcker und dann die große kuchenplatte ganz allein! Oder: erst ins bett, dann aufs sofa und dann ne stunde schlafen. Usw. alles schöne gedanken, die es aber morgens um zehn zu unterdrücken gilt.
Naja; unter anderem plagen mich ja auch sorgen oder selbstvorwürfe, dass ich aus meinem leben nicht genug mache; nicht hart arbeite, mich gehen lasse, mich zu wenig anstrenge, meine vorhandene kraft in sinnlose projekt stecke usw.
das kann ja alles sein: aber neulich kam mir dazu folgendes in den sinn:
viele behaupten ja von sich, dass sie hart arbeiten und sind dann ganz beleidigt, wenn es trotz ihres harten arbeitens statt lob sogar kritik regnet. Allein das harte arbeiten ist ja kein garant dafür, dass am ende etwas gelingt, würde ich diesen leuten gerne sagen. An dieser stelle kann man auch den refrain eines farin-urlaub-songs zitieren: „ich bin immer dann am besten, wenn`s mir eigentlich egal ist (ich bin immer dann am besten, wenn mir keiner ins regal pisst)“.
Um der nun folgenden argumentationskette den anschein von wissenschaftlichkeit und seriösität zu geben, habe ich sie in einzelne schritte untergliedert. Dies befähigt den leser mir vorzuwerfen, schritt 3 sei bspw. Nicht nachvollziehbar oder unglaubhaft.
1. schritt meiner überzeugenden argumentationskette
das leben ist von gegensätzen geprägt: der eine ist streitsüchtig, cholerisch und/oder jähzornig, der andere ruhig, friedliebend und/oder beschwichtigend. Der eine ist schön, der andere hässlich; der nächste lustig, ein anderer stets ernst usw.
1. Zwischenschritt meiner sehr überzeugenden argumentationskette
wenn es aber menschen gib, die rund um die uhr hart arbeiten, muss es dann nicht auch die geben, die so gut wie gar nicht arbeiten?
2. schritt meiner überzeugenden und in sich geschlossenen argumentationskette
wenn es menschen gibt, die trotz harter arbeit nicht oder nur mäßig erfolgreich sind, muss es dann nicht auch menschen geben, die ohne harte arbeit, sondern verträumt, verschlafen und antriebslos einfach so, also ohne stress, zwang und hektik, ohne erfolgsstreben und gewinnorientierung, etwas aus lust und laune heraus machen und dann damit sogar noch erfolg haben?
2. Zwischenschritt, welcher auch mich noch nicht ganz überzeugt
Sorgt nicht auch ständiger druck, zwang und stress für erschöpfung, frust und orientierungslosigkeit? Laufen die hart arbeitenden denn nicht oft auch mit scheuklappen durch die welt und verlieren das gespür dafür, ob sie auf dem richtigen weg sind? Aber anstatt zur eigenen arbeit abstand zu gewinnen, zur ruhe zu kommen und sich neu zu orientieren, rennt man weiter. Wenn man nur ordentlich rennt und hart arbeitet, kann das doch nicht ganz falsch sein. Fertig werden, termine einhalten, projekte abschliessen und immer so weiter. Bloß nicht zur besinnung kommen.
Heute weiß die psychologie und der aufmerksame selbstbeobachter, dass einem die besten ideen und lösungen oft in entspannten phasen, ja manchmal sogar im schlaf, einfallen. Man kann kreativität nicht erzwingen oder herbeiarbeiten. Das gegenteil ist der fall.
Ergebnis meiner sehr überzeugenden und in sich geschlossenen argumentationskette
deshalb hoffe ich, dass ich mit meiner arbeitsscheu, meinen ständigen ruhephasen und vermeidung von jeglichem stress (böse zungen sprechen gar von faulheit) auf dem richtigen weg bin. Nach derartig viel ruhe und entspannung müsste mir eigentlich bald mal etwas großartiges einfallen. Mal abwarten.
Puh! Das war jetzt aber ganz schön anstrengend. Der kaffee ist leer und die zigarre geraucht. Ich hoffe, der leser konnte folgen. Ich hab das gefühl, der text ist noch nicht vollständig, aber ich mache ihn irgendwann mal fertig. Jetzt lege ich mich erst mal wieder hin. Unter stress und druck kann ich nicht arbeiten. Und wenn ich müde bin, was eigentlich immer der fall ist, auch nicht. Der schriftstellerische erfolg müsste sich ja noch oben dargestellter beweiskette bald von selbst einstellen.
bratapfel-süß-sauer - 10. Dez, 19:42
Jetzt habe ich schon seit einer woche nichts mehr geschrieben. Meinen fans muss das schwer zu schaffen machen. Ich weiß nicht, woran es lag. Ich hatte – wie üblich – nichts besonderes zu tun, war das wochenende verreist und musste mich danach erst mal wieder erholen. Ausgerechnet heute hätte ich eine nachvollziehbare ausrede, eben nichts zu schreiben. Ich habe einen tierischen kater von der gestrigen kneipentour. Nachdem ich zwei wochen abstinent gewesen bin, hab ich mich gestern ordentlich betrunken. Schnaps, bier, alles durcheinander. Danach hab ich wahllos frauen vollgequatscht, die sich für mich aber nicht sonderlich interessiert haben. Kann ich nachvollziehen: während angetrunkene oft offen und unterhaltsam sind, sind betrunkene eher nervig und anstrengend. Immerhin habe ich mich nicht ausgezogen. Ist auch schon passiert. Warum auch immer. Bin gegen drei uhr dann nach hause getorkelt. Den vormittag habe ich verschlafen und heute nachmittag auch nichts auf die reihe bekommen. Immerhin habe ich mich schon gebadet und die waschmaschine angeworfen. Verkatert habe ich keine lust zu gar nichts. Hörbücher hören geht noch. Meistens schlafe ich aber dabei ein. Obwohl das auch in ordnung ist. Ja, also ich habe nichts besonderes zu berichten. Vielleicht wird dieser text auch gar nicht veröffentlicht. Kann ich jetzt noch nicht entscheiden. Und wie geht’s euch so? Also dir, lieber leser? Hast du nicht eigentlich auch etwas besseres zu tun, als diese belanglosigkeiten zu lesen? Geh doch auf den weihnachtsmarkt. Oder lies ein gutes buch. Oder schreib mir eine e-mail. Vielleicht werde ich ja dadurch für meinen nächsten text inspiriert. Ich glaub, ich leg mich jetzt wieder hin. Scheiß sauferei.
bratapfel-süß-sauer - 6. Dez, 18:56