Mittwoch, 28. November 2012

ein euro

ein ein-euro-geldstück ist manchmal mehr wert, also mehr wert als der nennwert (auch nominalwert genannt, sagt mir wikipedia). Ich habe mir vorgenommen, der obdachlosen (vgl. blogbeitrag: die frau vor dem supermarkt) jetzt jedesmal einen euro in den becher zu werfen, wenn ich in der stadt bin und ihr begegne. Zum einen ist das der preis dafür, dass ich über sie schreiben durfte. Hab ich mir nachträglich überlegt. Zum anderen fühle ich mich besser, wenn ich ihr etwas gegeben habe. Meiner meinung nach beinhaltet eine solche spende mehr als nur den geldwechsel. Ich meine, dass diese geste auch folgendes enthält: anerkennung und wertschätzung des menschen, mitgefühl und verständnis statt vorwürfen und ablehnung.
Sie sagt nett „danke“, ich nicke leicht und lächle ein wenig. Mir ist diese situation immer etwas peinlich.
Ich möchte ihr auf augenhöhe begegnen, auch wenn sie sitzt und ich stehe. Ich stehe nicht über ihr, nur weil ich ihr etwas gebe, denke ich. Es könnte ja auch umgekehrt sein; nämlich, dass ich in der innenstadt sitze und sie mir etwas gibt. Wer will schon behaupten, dass ihm bei bestimmten schicksalschlägen oder psychischen erkrankungen nicht dasselbe widerfahren könnte.
Früher habe ich immer gedacht: die bekommen doch sozialhilfe. Warum sollte ich denen etwas geben? Heute glaube ich aber, dass es wirklich menschen gibt, die es nicht mehr schaffen, einen hartz-IV-antrag zu stellen oder dies – aus welchen gründen auch immer – nicht tun wollen. Unabhängig davon, ob ihre gründe nachvollziehbar erscheinen oder nicht – es sind menschen wie du und ich, die zuspruch und anerkennung (und sei es nur eine kleine spende) ebenso nötig, bestimmt sogar nötiger haben als alle anderen.
Jetzt taucht in meinem blog doch der erhobene zeigefinger auf, den ich immer vermeiden will. Aber – und ich hoffe, dass der leser mir das glaubt – ich möchte niemanden belehren oder mich selbst als guten menschen darstellen. Schreiben ist ja auch – was heißt auch, in erster linie – ein selbstvergewissern, ein auseinandersetzen mit dem eigenen denken und handeln. Ich schreibe zunächst für mich selbst; wenn es anderen gefällt, ist das schön, aber nicht das entscheidende.
Also weiter: wie schon mehrfach erwähnt habe ich selbst so wenig geld, dass am monatsende oft nichts mehr übrig ist – trotz disziplin und sparsamkeit – und ich mir manchmal von freunden etwas leihen muss. Daher würde es mir schwerfallen, leuten, die hartz-IV beziehen und trotzdem betteln, geld zu geben. Aber bei der von mir beschriebenen person, weiß ich, dass sie obdachlos ist und gehe davon aus, dass sie den euro dringender braucht als ich. Ferner hoffe ich, dass sie mit der spende ähnliches verbindet wie ich: nämlich anerkennung, mitgefühl, sympathie und hilfsbereitschaft. Selbst wenn dies nicht so sein sollte, bleibt es eine, wie es wohl im BWLer-Jargon heißt, eine win-win-situation: ich fühle mich danach besser und sie bekommt geld für nahrungsmittel.
Amen.

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